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Offener Brief an die Bürgerinnen und Bürger von Lüdinghausen – Seppenrade

Liebe Bürgerinnen und Bürger von Lüdinghausen und Seppenrade,  ich wende mich als Einrichtungsleiter des Clara-Stiftes Seppenrade an Sie, um über folgende Situation zu berichten. Am Samstag, den 29. März 2025, hat eine Bewohnerin unserer Einrichtung das Haus verlassen und ist in Richtung Friedhof gegangen. Dort ist sie auf einem Grab gestürzt. Glücklicherweise haben Passanten umgehend den Rettungsdienst informiert. Zudem hat eine weitere Passantin die Mitarbeitenden des Clara-Stiftes informiert.

Ein Mitarbeiter unserer Einrichtung traf in etwa zeitgleich mit dem Rettungswagen am Friedhof ein. Leider wurde dieser Mitarbeiter von einigen der (noch) anwesenden Passanten auf eine Weise angegangen, die wir als unangemessen und respektlos empfinden. Aussagen wie „wie arbeitet ihr überhaupt,“ „euer Haus gehört doch abgeschlossen“ und „die Frau muss doch festgebunden werden,“ sind aus unserer Sicht völlig inakzeptabel.

Dazu nehmen wir wie folgt Stellung:

  1. Das Clara-Stift war, ist und bleibt eine offene Einrichtung, die es ihren Bewohnern und Besuchern ermöglicht, jederzeit zu kommen und zu gehen. Diese Freiheit ist ein wichtiger Bestandteil unseres Pflegeverständnisses.
  2. Unsere Mitarbeitenden setzen sich täglich mit großem Engagement für das Wohl der Bewohner ein und geben ihr Bestes, um eine hohe Pflege- und Betreuungsqualität zu gewährleisten. Eine Rund-um-die-Uhr „eins-zu-eins-Betreuung“ ist jedoch selbst bei optimaler Personalausstattung nicht realisierbar.
  3. Forderungen nach dem „Festbinden“ von Bewohnern sind nicht nur ethisch und moralisch verwerflich, sondern stellen auch eine Aufforderung zur Begehung einer Straftat dar, was wiederum selbst strafbar ist.

Die geschilderten Ereignisse haben in unserer Einrichtung einiges Kopfschütteln hervorgerufen. Letztlich haben wir uns auf Leitungsebene entschieden, Stellung zu beziehen, um unseren Mitarbeitern den Respekt zu zollen, den die Gesellschaft offenbar nur in Krisenzeiten aufbringen kann. Dann heißt es wieder „Wir applaudieren für die Pflege.“

Pflege im Allgemeinen und Altenpflege im Speziellen, bedeutet, sich in Dauerkrise zu befinden.

Begriffe wie Pflegenotstand, Arbeitskräftemangel (es fehlen nicht nur Fachkräfte) und demografischer Wandel sind kein drohendes, sondern bereits ein reales Szenario, mit dem wir uns tagtäglich beschäftigen. Hinzu kommen zahlungsunwillige Behörden, Ämter und Pflegekassen, welche zahlreiche Einrichtungen an den Rand des finanziell leistbaren bringen.

Die uns anvertrauten Menschen spüren davon nichts, denn trotz aller Widrigkeiten, verrichten wir unseren Dienst mit dem Herz am rechten Fleck und mit einer stets hohen Qualität.

Wir appellieren daher an die Bürgerinnen und Bürger von Lüdinghausen und Seppenrade, die Arbeit aller helfenden Berufsgruppen und deren Bedeutung für unsere Gesellschaft anzuerkennen und zu schätzen.

Es sollte unser gemeinsames Ziel sein, eine Umgebung zu schaffen, in der unsere älteren Mitbürger mit Würde und Respekt behandelt werden und in der sich Mitarbeitende der helfenden Berufsgruppen wertgeschätzt und unterstützt fühlen.

Wir jedenfalls sind stolz auf unsere Mitarbeitenden, Kolleginnen und Kollegen!

Eingangs erwähnter Bewohnerin geht es gut. Sie konnte umgehend zum Clara-Stift zurückkehren.

P.S.: Wir, die Mitarbeitenden und Leitungen des Clara-Stiftes, ziehen es vor, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, mit uns, anstatt über uns reden.

Fühlen Sie sich jederzeit herzlich eingeladen uns zu besuchen und mit uns in den Dialog zu treten. Sie sind uns herzlich Willkommen.

Mit freundlichen Grüßen

Sascha Schikofski

Einrichtungsleiter

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