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Hören, was nicht mehr gesagt werden kann: Demenz-Fortbildung zum Thema Schmerz im Clara-Stift

Du stehst am Empfang eines Krankenhauses im Ausland, hast starke Schmerzen und suchst Hilfe – aber niemand spricht Deine Sprache oder auch nur Englisch: „Genauso ein Gedanken-Experiment verdeutlicht die Hilflosigkeit, die ein Mensch mit Demenz fühlt, wenn er sich in seiner Not nicht mehr äußern kann“, erklärt Simone Maas, Pädagogische Mitarbeiterin Fort- und Weiterbildung, Caritas Bildungswerk Ahaus. Sie ist an diesem Nachmittag zu Gast im Clara Stift, wo sich rund 20 Mitarbeitende zum Thema ‚Schmerzmanagement bei Menschen mit Demenz‘ schulen lassen.
„Das Thema Schmerz bestimmt heute den ersten von vier Nachmittagen, an denen wir uns hier im Haus bereichsübergreifend und intensiv mit dem Thema Demenz auseinandersetzen werden“, so Klaudia Henke-Dammeyer, Sozialdienstleiterin im Clara-Stift, einer Einrichtung im Verbund der Heilig-Geist-Stiftung. Die noch folgenden, ebenso wichtigen Themen: Stigmatisierungen im Pflegealltag, Update gerontopsychiatrischer Krankheitsbilder und der Umgang mit herausfordernd erlebten Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz.
„Es ist uns sehr wichtig, hier multiprofessionell zu arbeiten, denn alle Kolleginnen und Kollegen hier im Haus sind mit der ganzheitlichen Pflege und Betreuung unserer Bewohnerinnen und Bewohner betraut. Darum sind auch alle Bereiche von der Pflege über den Sozialen Dienst bis hin zur Hauswirtschaft und Küche hier heute vertreten“, erläutert Klaudia Henke-Dammeyer. „Wir setzen seit je her alles daran, uns fachlich weiterzubilden und uns so intensiv wie möglich auf die Bedürfnisse unserer BewohnerInnen einzustellen“, so Henke-Dammeyer.
‚Schmerz ist ein leiser Begleiter‘
Welche Herausforderungen dabei gerade solche gerontopsychiatrischen Veränderungen den Mitarbeitenden stellen, wird auch in Simone Maas‘ Darstellungen der Situation klar: „Schmerzen sind ein leiser Begleiter – und bei Menschen mit Demenz oft unsichtbar“, so Simone Maas, die zuvor als Pflegende selbst jahrelange Erfahrung mit Menschen mit Demenz sammeln konnte. „Heute geht es uns darum, diese Signale zu erkennen und Hilfsansätze zu finden“, so Maas. Denn, so betont sie für alle Teilnehmenden sichtlich eindrücklich: „Entgegen vieler Missverständnisse funktioniert die Schmerzübertragung im Gehirn bei Menschen mit Demenz exakt so wie bei ‚gesunden‘ Menschen,“ so Simone Maas. Das große Problem aber sei es, dass dies auch heute oft noch nicht ausreichend ernst genommen werde. Das belegten auch Studien, wie Maas veranschaulicht: „Menschen mit Demenz erhalten ca. 50 Prozent weniger Schmerzmedikamente als solche ohne Demenz.“ Der weitere Nachteil: „Auch die Aufnahme, also Wirkung, der Schmerzmittel, funktioniert hier nicht mehr so wie bei Menschen ohne Demenz.“
‚Signale erkennen und handeln‘
Dazu, so Jan Strotmann, Pflegedienstleiter, komme die Tatsache, dass oft – immer in Abstimmung mit dem behandelnden Hausarzt – eine Bedarfsmedikation gegen Unruhe angewandt werde – auch, wenn eigentlich ein Schmerzmittel gebraucht werde. Alle sind sich einig: „Hier müssen wir genauer hinsehen und feinere Signale suchen.“ Das, so Maas, sollte idealerweise nach dem ‚Total Pain-Prinzip‘ geschehen, einer Theorie von Cicely Saunders, Begründerin der modernen Hospizbewegung und der Palliativen Pflege. Diese besagt, dass Schmerz immer nicht nur physische Komponenten birgt, sondern auch gleichzeitig soziale, psychische und spirituelle Komponenten hat. Wie die Zeichen aussehen können, erarbeitet die Gruppe in einem gemeinsamen Brainstorming. Schon nach kurzer Überlegung kommen die Wortmeldungen immer zahlreicher – schließlich erleben die Mitarbeitenden des Clara-Stifts jeden Tag viele Facetten im Verhalten der BewohnerInnen: „Nägel knibbeln“, „Suche nach Körperkontakt“, „Weinen“, „Verweigerung des Essens“, „Stirnrunzeln“, „Kiefer fest zusammenbeißen“ – die Palette an Verhaltensweisen, die auf Schmerzen hindeuten können, wird immer breiter je länger das Team reflektiert. Und Simone Maas bietet nochmal praktische Tipps in Form von möglichen Schmerz-Beobachtungs-Bögen. Fazit nach drei lebendigen Stunden: „Der intensive und multiprofessionelle Austausch mit unseren Kernthemen und Zielen ist immer wieder neu wichtig und richtig, zum Wohl der hier lebenden Menschen“ resümiert Klaudia Henke-Dammeyer.

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